In Griechenland herrscht seit langem „Gesundheitsarmut“. Viele Griechen gehen gar nicht mehr zum Arzt, selbst wenn sie schwer krank sind. Ärzte behandeln nur auf Vorkasse und Apotheken geben Medikamente nur gegen Barzahlung aus. In den Krankenhäusern fehlt es oft an Personal, Geräten und Material, noch bis vor kurzem war selbst Verbandszeug in den Operationsräumen manchmal Mangelware. Die Verschlechterung aller Indikatoren, von der Kindersterblichkeit bis zu der Suizidrate, sprechen für eine Gesundheitskatastrophe in einem entwickelten Land, das Mitglied der EU und der Eurozone ist. Sinkende Lebenserwartung, Verzicht auf Kinder und andauernde Auswanderung von jungen gebildeten Leuten lassen eine erhebliche Schrumpfung der griechischen Bevölkerung prognostizieren, die, auch wenn die seit zehn Jahren andauernde Krise irgendwann überwunden worden ist, die wirtschaftliche Erholung des Landes bremsen wird – von den nationalpolitischen Folgen ganz zu schweigen.

Ein Datencheck ergibt folgendes: Die öffentlichen Ausgaben für den Gesundheitssektor wurden zwischen 2009 und 2016 halbiert (von 16,2 Milliarden auf 8,6 Milliarden), ihr Anteil am BIP von 6,8% auf 4,9% herabgesetzt (niedriger als in jedem anderen EU-15-Land), über 13.000 Ärzte und mehr als 26.000 Angestellte entlassen, 54 der 137 Krankenhäuser und auch 350 Polikliniken, die zuständig für die ambulante Versorgung waren, geschlossen, das Budget der übrig gebliebenen Krankenhäuser um 40% gesenkt, der freie Zugang zum Gesundheitsdienst für Menschen ohne Krankenversicherung im Jahr 2011 versperrt, im Jahr 2016 wieder geöffnet, allerdings ohne für die nötige Finanzierung zu sorgen, die Medikamentenversorgung dramatisch unterbunden. Zwar sind wichtige Schritte in den Jahren nach 2015 gemacht worden und inzwischen wird das Gesundheitswesen als große Priorität der Wahlsieger vom 07.07.2019 angekündigt – die Hände jeder griechischen Regierung sind aber gebunden.