Veröffentlicht in „Exantas“ im Juni 2014.

Am 10.5.2001 (nicht 10.5.2011, Druckfehler in der PDF-Datei!) hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Urteil („Zypern gegen die Türkei“, Rs. 25781/94) gefällt, das man historisch nennen kann. Zum ersten Mal in der Geschichte seiner Rechtsprechung hat das Gericht einen Staat, die Türkei, für verantwortlich erklärt, derart viele schwere Menschenrechtsverletzungen auf einmal begangen zu haben – es sind Menschenrechtsverletzungen bezüglich der Invasion auf Zypern, der Teilung der Insel und der Vertreibung der Griechisch-Zyprioten aus dem Norden.

Mit einem neueren Urteil vom 12.5.2014 (ebenfalls „Zypern gegen die Türkei“, Rs. 25781/94) bestätigt nun das Gericht seine damalige Entscheidung und verurteilt die Türkei, (symbolische) Entschädigung an die Opfer zu zahlen. Gleichzeitig erläutert das Gericht die Bedeutung seines früheren „Demopoulos Urteils“ (Rs. 46113/99), wonach die vertriebenen Griechisch-Zyprioten bei ihrer Geltendmachung von Ansprüchen wegen der Verletzung ihres Eigentumsrechts zuerst die innerstaatlichen Rechtsbehelfe der sogenannten „Türkischen Republik Nordzypern“ erschöpfen sollten. Dieses Urteil („Demopoulos“) hatte die Türkei als den Beweis gefeiert, dass das Gericht und die Organe des Europarates die vollendeten Tatsachen der Teilung der Insel nunmehr akzeptieren.

Das Gericht stellt in dem jetzigen Urteil klar, dass die Entscheidung „Demopoulos“ nicht so interpretiert werden darf, als ob die Türkei von den Menschenrechtsverletzungen auf Zypern freigesprochen werden könnte. Das Recht auf Eigentum der vertriebenen Griechisch-Zyprioten wurde dauerhaft verletzt und wird mit jedem neuen Akt der Enteignung usw. weiter verletzt – so das Gericht.

Die Türkei weigert sich allerdings, auch dieses letztere Urteil vom 12.5.2014 anzuerkennen, und Europarat und EU zeigen sich unwillig, mehr Druck auf das Land am Bosporus auszuüben – Völkerrecht hat nicht dieselbe Bedeutung für alle. Die Verurteilungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte werden unter diesen Umständen nicht viel bewirken können.