Wir ergreifen an der Seite der Ukrainer Partei gegen den barbarischen Krieg von Putin. Erstens aus emotionalen und menschenrechtlichen Gründen: Man stellt sich automatisch auf die Seite des Schwächeren, des Patrioten, des Menschen, der seine Heimat verteidigt, und gegen den Stärkeren, den Angreifer, denjenigen, der in fremdes Gebiet eindringt. Man steht auf der Seite von David gegen Goliath. Insbesondere den Flüchtlingen aus der Ukraine sollte unsere uneingeschränkte Solidarität gelten. Denn, wenn sie die Vergünstigungen des internationalen Schutzrechts nicht verdienen sollten, dann verdient es keiner. Diese zu uns fliehenden Menschen werden von den Russen durch einen archaischen, ja klassischen Mechanismus zu Flüchtlingen gemacht: „Durch den Überfall auf ihr Staatsgebiet werden die einen getötet, die anderen vertrieben“, sagte schon Polybios.

Zweitens sind wir, speziell in Griechenland, aus eigenen politischen Gründen gegen die russische Invasion: Wir haben auch in unserer Gegend mit einem kleinen Putin zu tun, der dieselbe verbitterte revisionistische Sicht auf die Geschichte und die existierenden Verträge über den Verlauf von Staatsgrenzen vertritt wie er. Zypern, man sollte es nicht vergessen, ist das erste unabhängige Land und UN-Mitglied, das nach dem Zweiten Weltkrieg in Europa von einem anderen Staat, der Türkei, überfallen und geteilt wurde, und bis heute von der Eroberer-Armee besetzt und gespalten gehalten wird. Die griechischen Inseln der Ägäis stehen als nächstes auf dem Wunschzettel Erdoğans, nach seinem bisherigen Verhalten zu urteilen.

Wenn die oben beschriebenen Betrachtungen, nämlich die gefühlsbetonte, die menschen- und völkerrechtliche und auch die engere griechische Sicht der Dinge, die eine Seite der Medaille darstellen, sollte man dennoch die zweite Seite nicht aus den Augen verlieren. Man braucht die katastrophalen Fehler des von den USA dominierten Westens und der NATO nicht kleinreden, die ebenfalls zu dem heutigen Ergebnis geführt haben. Nach diesem Krieg werden die Europäer insgesamt, und dazu zähle ich auch Russland, die großen Verlierer sein. Das ist umso mehr ein Grund, warum die EU eine starke eigene Außen- und Verteidigungspolitik entwickeln und, obwohl NATO und das transatlantische Bündnis Säulen der Sicherheitsarchitektur in Europa bleiben müssen, die wichtigsten Entscheidungen auf dem Kontinent nicht anderen überlassen sollte.

Was Griechenland betrifft, sollte man nicht nur die Parallelen zwischen der Aggression Putins und Erdoğans anzeigen, sondern z.B. auch das Thema EastMed (Gaspipeline von Israel über Zypern nach Griechenland), das die Amerikaner einmal torpediert haben, im Rahmen der Diskussion über die Energie-Unabhängigkeit Europas wieder verstärkt auf den Tisch bringen.