Der klassische Satz (von Hegel, Marx usw.) „Jedes System produziert die Widersprüche, an denen es zugrunde geht“ wird nur deswegen im Zentrum Europas nicht Realität, weil die starken Staaten die Last der Flüchtlingskrise auf die schwächeren abwälzen (indirektes refoulement, Dublin-System usw.). Wie lange wird es aber noch gut gehen? Ich möchte weder, dass meine erste Heimat Griechenland noch, dass meine zweite Heimat Deutschland unter der Last der Flüchtlingskrise zugrunde geht, oder dass die Einheit und die demokratische Basis Europas zugunsten von linken „Freizügigkeit-für-alle“-Ideologen oder Rechtspopulisten einbricht.

Im Fall „Flüchtlinge an den griechisch-türkischen Grenzen“ ist Griechenland tatsächlich eingequetscht zwischen der Skylla einer rechten und der Charybdis einer linken europäischen Heuchelei. Ich nenne rechte Heuchler diejenigen, die Griechenland wegen der Verteidigung seiner Grenze gegen den Flüchtlingsansturm loben, gleichzeitig aber klarstellen, dass sie keinesfalls bereit sind, Flüchtlinge Griechenland abzunehmen, sollten die griechischen Grenzen dem enormen Druck nicht standhalten – und verstärken zur Demonstration ihres Willens ihre eigenen Grenzen und die Schließung der „Balkanroute“. Ich nenne linke Heuchler diejenigen, die von Griechenland verlangen, seine Grenzen gegenüber den Flüchtlingen weit zu öffnen, angeblich damit die EU sie dann in den 27 Mitgliedstaaten gerecht verteilen kann – wohl wissend, dass dies niemals passieren würde. Beide haben keinen Respekt für Griechenland.

Die einzige, zugegebenermaßen utopisch anmutende, realistische Voraussetzung, dass sich etwas in der surrealen und absurden Situation der inzwischen eingestellten Flüchtlingsrealität und des missbrauchten Flüchtlingsrechts speziell in Europa ändert, ist, dass die Kriege, die der Westen anzettelt, enden, und dass das Weltmigrationsgeschehen auf eine andere rechtliche Basis gestellt wird.