Veröffentlicht in „Exantas“ im Dezember 2012.

 

Griechenland, einen Schritt vor dem Abgrund, braucht dringend Hilfe. Wie kann man es im Ausland und speziell in Deutschland verteidigen? Es bieten sich verschiedene argumentative Modelle zu diesem Zweck.

Das defensive Modell. Seit 2009 hat Griechenland bereits einen großen Anpassungsprozeß bewältigt. Mit einem Kraftaufwand, der seinesgleichen in der modernen Wirtschaftsgeschichte sucht, ist das Staatsdefizit massiv reduziert und ein großer Teil der verlorenen Wettbewerbsfähigkeit zurück gewonnen worden. Das alles ist mit vielen Opfern des griechischen Volkes erfolgt.

Das offensive Modell. Griechenland ist zum Spielball der Finanzmärkte und mächtiger EU-Partner geworden. Die EU hat vor zehn Jahren den europäischen Süden in die Eurozone aufgenommen und dadurch mit billigen Krediten versorgt, um Nachfrage für die Konsumprodukte des Nordens und speziell der kränkelnden deutschen Wirtschaft zu schaffen. Als die Märkte vor drei Jahren ihr Vertrauen abgezogen haben, ist das ganze Geld vom Süden nach Norden abgeflossen und Länder wie Griechenland hängen seitdem würdelos an dem Tropf der Hilfe von außen. Die Bedingungen dieser Hilfe gleichen manchmal einem Tod auf Raten.

Das humanistische Modell. In Griechenland erleben wir schon heute eine humanitäre Krise. Es gibt Menschen, die kein Bleibe haben, im Müll nach Essbarem wühlen, sich ihre Medikamente nicht leisten können. Die Krise hat langsam auch die mittleren Schichten erreicht und ein Ende ist nicht in Sicht.

Das Modell, welches sich auf das Interesse des Westens fokussiert. Die Rettung Griechenlands ist wegen des zu befürchtenden Dominoeffekts die für den Westen und die EU billigste Lösung. Zu diesem wirtschaftspolitischen Aspekt kommt auch der geopolitische hinzu: Griechenland war ein Stabilitätsfaktor in der Region. Wie will sich Europa in der Welt präsentieren, wenn es zulässt, dass in einem Land wie Griechenland, das bis jetzt zur EU, Eurozone und zu allen anderen westlichen Institutionen gehörte, der soziale Zusammenhalt, die Demokratie, der Rechtsstaat und die öffentliche Ordnung zusammenbrechen?

Das transzendentale Modell.  Die Welt, in der wir leben, ist nicht die beste. Sollten die Griechen mit ihrer Eigenart zu leben, zu wirtschaften, zu protestieren, dazu beitragen, diese Welt ins Wanken zu bringen, wäre dies nicht unbedingt verwerflich.

Welches dieser Modelle das geeignetste zur Verteidigung Griechenlands ist, hängt von der konkreten Situation ab. Eine Kombination der Modelle erscheint am sinnvollsten, und es bleibt dem Gespür jedes Einzelnen, der sich dazu berufen fühlt, überlassen, die Zutaten jeweils selbst zu mischen.